Die ethecon-Aktivistin Anabel, die aktuell Spenden sammelt für die Schmähpreis-Übergabe an die TEPCO-Verantwortlichen in Tokio, war mehrere Tage bei Blockupy Frankfurt dabei. Hier ihr Erfahrungsbericht:
Donnerstag, 17. Mai 2012
Unser Bus hat anscheinend sehr viel Glück gehabt bei der Einreise nach Frankfurt. Wir sind, im Gegensatz zu den meisten anderen Bussen, ohne Problem von Seiten der Polizei aus, in die Stadt gelassen worden. Gegen 13 Uhr angekommen hieß es schnell, die Sachen zusammen packen und los zum Römer Platz bevor wir doch noch von den Beamten in Grün aufgehalten werden. Auf dem ‚Römer’ unsere Zelte aufgeschlagen und erst einmal den Platz besetzt. Mal schauen, wie lange wir hier sitzen bleiben können. Wie erwartet, nicht allzu lang. Irgendwann nachmittags wurden wir schließlich aufgefordert, den Platz zu räumen, was wir natürlich nicht taten. Also, Zwangsräumung. Die Sicherheitskräfte fingen an, uns nach und nach weg zu tragen. Meine Bezugsgruppe und ich allerdings haben dem ganzen Trara unserer Freunde und Helfer von außerhalb zugesehen, da wir um unser einziges Zelt fürchteten.
Im Kessel um den Römer Platz selbst wurde wider Erwarten keine großartige Gewalt der Polizei angewandt. Das einzige, was ich in die Richtung gesehen habe, war, wie ein Polizist seinem Schäferhund den Maulkorb abgenommen hat und ihn auf einen der Demonstranten losgelassen hat. Anschließend wurde dieser aus dem Kessel rausgebracht und ein Sani hinterher, der jedoch den Kessel nicht verlassen und somit dem verletzten Menschen nicht helfen durfte. Als der Platz geräumt war, machten wir uns auf den Weg, einen Schlafplatz zu finden. Durch sämtliche Polizeiabsperrungen war es nicht einfach, die Stadt zu durchqueren. In der Uni sollten wir nun schlafen. Dort angekommen hieß es noch einige Male, dass die Uni in der Nacht gestürmt werden sollte, aber wir blieben trotzdem dort.
Freitag, 18. Mai 2012
Sieben Uhr aufmachen in Richtung EZB. Nach dem ersten Kaffee auch gleich die erste Kontrolle. Ausweise überprüfen. Vier junge Menschen, die morgens durch die Stadt schlendern, müssen natürlich erst einmal kontrolliert werden. 30-40 Minuten später durften wir dann endlich weitergehen, jedoch sollten wir uns nicht mehr in der Innenstadt blicken lassen. Und uns wurde auch die genaue Richtung angegeben, in die wir laufen sollten. Gesagt, getan. In die vorgegebene Richtung gelaufen, bis wir aus der Sichtweite der Beamten waren, und nun schnell abgebogen.
Am Hbf sollte eine Spontan-Demo stattfinden, an der wir dann auch teilnahmen. Schnell jedoch wurde diese von der Polizei gespalten und endete in zwei Kesseln. Um 9 Uhr irgendwas wurde die Demonstration dann von unseren Beschützern aufgelöst und die Räumung angedroht. Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis sie dann endlich anfingen, uns einzeln weg zu tragen. Anscheinend hatte die Polizei auch sehr viel Zeit an diesem Tag. So trugen sie ca. 250 Menschen mit vielleicht vier Beamten weg. Auch ich wurde dann irgendwann weggetragen, wobei meine zwei Träger mich nicht richtig fassten und mindestens viermal fallen ließen, bis sie mich schließlich kopfüber trugen und irgendwann absetzten und sagten, ob ich nicht nun laufen wollte, weil die Show ja nun vorbei wäre, da ich aus der Sichtweite meiner Freunde wäre. Diese Aussage brachte mich dazu zu sagen: Jetzt erst recht. Tragt mich genau bis vor den Bus. Einer der beiden fand dies wohl echt doof und meinte nur, was für einen Sch…job er habe. Da konnte ich ihm nur beipflichten und meinte, ja, das ist echt ein mieser Job. Er meinte nur noch, dass er so Sch…. sei, wegen solchen frechen Rotzgören wie mir. Ich habe es mir dann nicht nehmen lassen, auf seinen Dienstausweis zu sehen und meine Personalien gegen seine Dienstnummer zu tauschen. Worauf hin er plötzlich total nett zu mir war und ein wenig eingeschüchtert wirkte. Es war schon interessant, wie man mit dem Gegenübertreten etwas bewirken kann. Anschließend wurde nicht einmal ein Foto von mir gemacht und in der Gefangenensammelstelle wurde ich auch nicht registiert.
Bei Wasser und Brot saßen wir nun zu ca. 40 Frauen in einer provisorischen Zelle. Die aus einem Zelt mit einem Käfig drin auf dem Hinterhof der Polizei-Hauptwache bestand. Solche Zellen gab es auch noch für Männer. Nun saßen wir dort auf dem nackten Betonboden, bis wir endlich um Decken gebeten haben und auch welche bekamen. Der Hammer hierbei war allerdings nicht nur die Umstände, unter denen wir dort untergebracht waren, sondern auch dass wir von einem privaten Handy fotografiert wurden. Im Fokus der Fotos war unser Frauenknast. Dies passierte mir auch, als ich abgetragen wurde. Es stellte sich später heraus, dass es sich um den Busfahrer handelte, der uns Gefangene in die Wache gefahren hat. Er musste die Fotos zwar löschen, aber weitere Folgen würde es für diese Person nicht haben. Am Nachmittag wurden wir schließlich mit einem Platzverweis für die gesamte Innenstadt von Frankfurt entlassen. Der bis 7 Uhr am nächsten Tag gültig war. Nun also nicht mehr erwischen lassen.
Samstag, 19. Mai 2012
Auftakt zur Großdemonstration. Es heißt wir waren 25.000 und sie waren 15.000. Doch wir waren mehr. Mindestens 30.000! Im Großen und Ganzen gibt es hier zu sagen, dass es erfolgreich war. Wir haben es geschafft, so viele Menschen auf die Straße zu bekommen und ihrem Ärger endlich mal Luft zu machen. Mit Sprüchen gegen den Kapitalismus, Abschiebung und so weiter wurde zum Ausdruck gebracht, wofür wir hier eigentlich stehen. Die Polizei hat uns auf Schritt und Tritt verfolgt und auch hier und da mal versucht, uns zu provozieren. Dies jedoch blieb Dank unserer Stärke ohne Erfolg. Auch bekamen wir viel Zuspruch der Anwohner dort, wie zum Beispiel von einem Mann, der ein Transparent aus dem Fenster hängte, auf dem stand: `Bullen auf die Weide!`. Ansonsten ist die Demo weiter sehr friedlich verlaufen.
Fazit
Grundsätzlich ist zu sagen, dass es drei super Aktionstage waren. Trotz der Propaganda und der Einschüchterungsversuche seitens der Polizei und der Politik haben wir ein erfolgreiches Ergebnis erlangt. Die Taktik der Polizei ist nicht aufgegangen. Sie haben uns nicht angegriffen und verhältnismäßig wenig Gewalt eingesetzt. Sie wollten uns lieber einfach wegsperren, aber wir waren zu VIELE! Die Berliner Busse wurden Donnerstag komplett aufgehalten, die Griechen nach Hause geschickt und die Italiener bis nachts in Gewahrsam genommen. Aber wir waren auf den Straßen und wir haben gekämpft für unser Recht. `Who`s streets? Our streets!`
Und wie man sieht, funktioniert es auch, wenn wir sagen:`Wir sind friedlich, was seid ihr?` Denn wenn von der Polizei keine Gewalt ausgeht, dann müssen wir uns auch nicht verteidigen, und das trotz sämtlicher Provokationen!
Wir sind nicht Kairo, wir sind nicht Athen, wir sind nicht Tunis, wir sind FRANKFURT!