Globalisierung nützt den Reichen
Die Verflechtung der Weltwirtschaft bringt Schwellenländern weniger als angenommen. Das sagt eine Studie der Bertelsmann-Stiftung.
Die Globalisierung hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten den Abstand zwischen armen und reichen Ländern vergrößert. Zwar profitierten alle Länder von der zunehmenden Verflechtung der Weltwirtschaft; absolut am meisten gewannen aber die ohnehin reichen Nationen. Gemessen am niedrigen Ausgangswert konnten aber Schwellenländer wie China die höchsten relativen Wohlfahrtsgewinne erzielen. Das sind zentrale Ergebnisse einer neuen Studie, die die Prognos AG im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung erstellt hat.
Bemerkenswert ist die Studie deshalb, da häufig die Ansicht vertreten wird, die Globalisierung nütze den ärmeren Ländern. Für die Studie wurden 42 Industrie- und Schwellenländer untersucht; die ärmsten Staaten in Afrika, Asien oder Lateinamerika blieben unberücksichtigt.
Laut Studie führte das Zusammenwachsen der Welt nicht dazu, dass sich der Wohlstand zwischen Industrieländern und Schwellenländern angenähert hat, sondern das Gegenteil trifft zu. So stieg demnach das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf globalisierungsbedingt in den 14 stärksten Ländern von 1990 bis 2011 um mehr als 1.000 Euro – zum Beispiel in Finnland, Dänemark, Japan, Deutschland, Israel, Slowenien, Südkorea, den Niederlanden und Australien.
Deutlich geringer – nämlich unter 300 Euro – waren die globalisierungsbedingten Zuwächse in Schwellenländern wie Russland, Türkei, Südafrika, Mexiko, China, Brasilien und Argentinien. Das Schlusslicht der untersuchten Staaten bildete Indien – hier lag die globalisierungsbedingte BIP-Steigerung pro Kopf im selben Zeitraum nur bei 40 Euro.
China gewinnt am meisten
Relativ gesehen konnten China und osteuropäische Länder am meisten dazugewinnen. So betrug 1990 bis 2011 der Anstieg des Bruttoinlandsprodukts je Einwohner durch die zunehmende Globalisierung in Relation zum Ausgangsniveau in China 49 Prozent. In Estland waren es 19 Prozent, in Bulgarien 17 Prozent und in Ungarn 14 Prozent. In Großbritannien lag dieser Anstieg nur bei 4,5 Prozent, in Kanada bei 3 Prozent, in den USA bei einem Prozent und in Norwegen bei 0,3 Prozent.
„Wir müssen erkennen, dass die Globalisierung die Schere zwischen Arm und Reich eher noch weiter öffnet“, sagte Aart De Geus, Chef der Bertelsmann-Stiftung. Erst über einen längeren Zeitraum werde sie dazu beitragen, dass Schwellen- und Entwicklungsländer die Wohlstandslücke zu den Industrienationen verkleinern können, zeigte sich De Geus optimistisch.