Grußwort Hideyuki Ban / CNIC (Japan)

Das Citizens’ Nuclear Information Center ist eine gemeinnützige Forschungsorganisation, die eine Gesellschaft unabhängig von Atomenenergie anstrebt. Als wirtschaftlich unabhängige Organisation sammeln wir Materialien aller Art zum Thema Atomkraft und führen Studien durch.

Am 11. März 2011 wurde in die japanische Geschichte eine große Kerbe geschlagen. In einer Reihe stehend mit dem Ende des Pazifikkrieges 1945 wird dieses Datum zweifellos lange in Erinnerung bleiben. Wie oft hat sich eine solche Naturkatastrophe, ein Erdbeben der Stärke 9.0 gefolgt von einer riesigen Flutwelle, eine Naturkatastrophe, wie sie nur ein Mal alle tausend Jahre auftritt, schon wiederholt? Es ist jedoch der Atomunfall, der auf der internationalen Skala für nukleare Ereignisse auf das Höchstlevel sieben eingeschätzt wird, der erste in der Geschichte der japanischen Atomkraft, der Japans “Untergang” werden könnte. Der Atomunfall im Kernkraftwerk Fukushima Daiichi ist auch ein halbes Jahr nach den Geschehnissen noch nicht beendet, es treten immer noch unaufhörlich radioaktive Stoffe aus.

Die Radioaktivität geht weit über die 30 Kilometer Sperrzone um das Kraftwerk Fukushima hinaus. In 70 Kilometer Entfernung wurde radioaktives Strontium gemessen und in einem Radius von hundert Kilometern wurde die Lieferung von angepflanztem Gemüse gestoppt. Der Boden ist weiträumig mit radioaktivem Cäsium kontaminiert, eine Verseuchung, die einen langen Zeitraum überdauern wird. Es sind die Merkmale einer atomaren Katastrophe. Es wird geschätzt, dass dieses Jahr die Zahl derer, die durch diesen Unfall einer höheren Strahlungsdosis als dem Jahresgrenzwert von einem Millisievert ausgesetzt waren, in die Millionen gehen wird. Auch die Lage der an den Aufräumarbeiten Beteiligten ist ernst. Bisher waren über 16000 Arbeiter der Strahlung ausgesetzt, wobei diese Zahl noch steigen wird, da die Arbeiten dort noch weitergehen. Zusätzlich ist durch die Kontaminierung von Reis, Japans Hauptnahrungsmittel, die Sicherheit am Esstisch gefährdet.

TEPCO wusste bereits im Jahr 2008 von der Möglichkeit eines großen Erdbebens samt Flutwelle, jedoch setzte man den Betrieb fort ohne Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Im folgenden Jahr wurde von Spezialisten in Bezug auf Probleme mit der Erdbebensicherheit darauf hingewiesen, man müsse in Betracht ziehen, dass es vor 1150 Jahren bereits ein großes Erdbeben samt Flutwelle gab. Dieser Hinweis wurde jedoch ignoriert und der Betrieb fortgesetzt. Dadurch, dass diese beiden Chancen versäumt wurden, lässt es sich nicht anders sagen, als dass dieser Unfall keine Natur-, sondern eine von TEPCO verursachte menschengemachte Katastrophe ist.

Obwohl TEPCO die Menschheit einer beispiellosen Menge Strahlung ausgesetzt hat, zeigt man sich dort nicht willens, die Verantwortung dafür zu übernehmen. Es wurde berichtet, dass der Vizepräsident von TEPCO, Masakata Shimizu trotz aller Umstände ein Abschiedsgeld von 500 Millionen Yen bekam.

Für ein normales Unternehmen wäre der Konkurs selbstverständlich. TEPCO jedoch behält den Status eines gemeinnützigen Unternehmens weiterhin bei, während einerseits Vorstand und Angestellten außergewöhnlich hohe Löhne und Boni ausgezahlt bekommen und andererseits die Opferentschädigungen über den Strompreis auf die gewöhnlichen Bürger abgewälzt werden.

In den letzten 65 Jahren hat man in Japan aufgrund der Erfahrungen von Hiroshima und Nagasaki stets die Position vertreten ein atomares Opfer zu sein. Nach dem 11. März hat sich diese Situation jedoch gewandelt. Durch den Unfall im Kraftwerk Fukushima Daiichi entwichen radioaktive Stoffe in die Atmosphäre und eine große Menge radioaktiven Wassers entwich ins Meer. Es wurde berechnet, dass diese Stoffe insgesamt eine Strahlungsmenge von 57 Quadrillionen (57.000.000.000.000.000.000.000.000) Becquerel überschreiten. Diese Radioaktivität, die sich auf der ganzen Welt ausbreitet und diese verschmutzt, wird uns von unseren Nachbarländern und der ganzen Welt zum Vorwurf gemacht. Japan ist nun kein atomares Opfer mehr, es ist zum Täter geworden.

Der Internationale ethecon Black Planet Award 2011 ist für TEPCO ein angemessener Lohn und wir danken der Stiftung ethecon für die Auswahl. Wir hoffen, dass sich TEPCO diesen Preis zum Anlass nimmt, das Atomkraftwerk in Fukushima so schnell wie möglich zu sichern und sich aus der Atomenergie zurückzuziehen. Arbeiten wir alle mit vereinten Kräften dafür, eine von Atomenergie unabhängige Welt zu errichten!