Protest gegen Entzug der Gemeinnützigkeit für attac
Das Frankfurter Finanzamt hat dem globalisierungskritischen Netzwerk attac im September 2014 die Gemeinnützigkeit entzogen. Unabhängig von den weit reichenden Folgen für die Finanzierung der Arbeit von attac, ist diese Entscheidung nicht nur als Angriff auf eine wichtige Organisation der sozialen Bewegungen zu werten, sondern auch als ein Angriff auf die Demokratie insgesamt.
Wie bereits vor zwei Jahren, als die damalige Familienministerin Kristina Köhler mit einem „Extremistenerlass“ Jagd auf Linke machte (das ministeriale Dekret musste inzwischen zurück genommen werden), hat ethecon sich an die Öffentlichkeit gewandt und protestiert. Axel Köhler-Schnura vom Vorstand der Stiftung: „attac die Gemeinnützigkeit abzusprechen ist angesichts der Finanzkrise und der milliardenschweren Rettungspakete für Banken und Konzerns ein ganz besonderer Skandal. Die von attac erhobene Forderung nach einer Finanztransaktions-Steuer wird heute auch von der Bundesregierung erhoben. Mehr Gemeinnützigkeit geht nicht.“
attac hat bundesweit knapp 30.000 Mitglieder und ist seit 2000 in Deutschland aktiv. Das Netzwerk setzt sich unter anderem für die Streichung von Schulden armer Länder sowie für die Besteuerung des Reichtums überall in der Welt ein. Aktuell bietet attac eine Plattform für die Proteste gegen das Freihandelsabkommen TTIP; auch in diesem Fall sind viele der von attac vertretenen Argumente mittlerweile Gemeingut und werden bis hin zur Bundesregierung vertreten.
In Deutschland werden zwar alle parteinahen Stiftungen und sogar neoliberale Thinktanks wie die Bertelsmann-Stiftung als gemeinnützig anerkannt. Bei zivilgesellschaftlichen Organisationen stellen sich die Finanzämter jedoch immer häufiger quer. Einige Fälle aus jüngster Zeit:
> Der Berliner Verein „kolko – Menschenrechte für Kolum-bien“ erhielt 2010 Post vom Finanzamt, in der der Entzug der Gemeinnützigkeit angedroht wurde. Darin hieß es: „Unter Entwicklungszusammenarbeit versteht man alle Maßnahmen, die dazu dienen, die Entwicklungsländer wirtschaftlich zu fördern und sie hierdurch dem Stande der Industriestaaten näher zu bringen beziehungsweise sie in deren wirtschaftliche Ordnung einzugliedern.“ – Das bedeutet nicht weniger, als dass Menschenrechtsgruppen den Kapitalismus verbreiten sollen, um ihre Förderfähigkeit zu behalten.
> Das Finanzamt Hamburg moniert, dass die Umweltschützer vom BUND eine Kampagne für den Rückkauf der privatisierten Hamburger Energieversorger unterstützt haben.
> In Baden-Württemberg wurde der renommierten Informationsstelle Militarisierung (IMI) jahrelang die Gemeinnützigkeit vorenthalten.
> Seit zwei Jahren wehrt sich der Frauenverband Courage gegen den Entzug seiner Gemeinnützigkeit durch das Finanzamt Wuppertal.
> Nicht zuletzt wird der Coordination gegen BAYER-Ge-fahren (CBG) seit 30 Jahren die Gemeinnützigkeit verweigert, obwohl sich das Netzwerk umfassend mit den Auswirkungen der Tätigkeit eines Global Players auf das Gemeinwohl befasst.
Offenkundig werden die Finanzbehörden zunehmend als Waffe benutzt, um missliebige politische Strömungen und Organisationen zu behindern und in ihren finanziellen Möglichkeiten einzuschränken. Kapitalinteressen werden mit immer neuen Milliarden aus Steuergroschen bedient, gemeinnützige konzern- und gesellschaftskritische Arbeit erhält keinerlei finanzielle Förderung und wird durch den Entzug der steuerlichen Gemeinnützigkeit bedroht.