Im Wendland sagt man: „Watt mutt, datt mutt.“ Vielen Dank, ich nehm das gar nicht persönlich, dieses Dankeschön, denn wir sind sehr viele, und es ist richtig, wir haben eine Bürgerinitiative organisiert, wir machen auch Politik von unten. Deshalb herzlichen Dank für die Einladung, denn ich glaub, das gehört denn auch hierher und ich gehöre hierher.
Wir haben tatsächlich in diesem Jahr einen Rekord geschlagen, und zwar sind fast 50.000 Menschen zu uns ins Wendland gekommen. Anlass war der Castor-Transport aus La Hague nach Gorleben.
Es hat natürlich Hintergründe, dass so viele Menschen sich auf den Weg gemacht haben. Und ich glaube, das ist auch das, wovon ich heute berichten möchte.
Ich will gar nicht so schwelgen in dem, was vor 14 Tagen passiert ist. Mir gefällt es auch gar nicht so sehr, von Erfolgen zu sprechen, denn es gibt da einen großen Misserfolg: Der Transport hat sein Ziel erreicht. Indem er sein Ziel erreicht, trägt er dazu bei – 91 Castoren standen da schon -, plus 11, diesen Standort doch als den Standort zu zementieren, wie man sich das in den 70er Jahren einmal ausgemalt hat, dass Gorleben nukleares Entsorgungszentrum sein sollte. Von dieser Infrastruktur ist doch einiges in Gorleben vorhanden. Das ist vielleicht nicht so sehr bekannt.
Deshalb fange ich doch erstmal mit meinem Heimspiel GORLEBEN an, bevor ich auf das große Thema ATOMKRAFT – NEIN DANKE! komme.
Also, in Gorleben gibt es nicht nur diese Halle für die Castor-Behälter, sondern es gibt auch eine kleinere Halle, wo die schwach- und mittelaktiven Abfälle gelagert werden. Auf dem gleichen Terrain gibt es eine Pilot-Konditionierungsanlage, schrecklich langer Titel, kurz PKA. Diese Anlage hat eine „heiße Zelle“. In dieser heißen Zelle sollen eigentlich die Castor-Behälter geöffnet werden, das hochradioaktive Inventar wird herausgenommen, und dann werden die Brennstäbe, wenn es Brennstäbe sind – wir haben auch Kokillen mit den verglasten, hochradioaktiven Abfällen jetzt aus La Hague -, aber wir haben auch einige da mit Brennstäben. Die sollen dann möglicherweise zerschnitten werden und dann kommen sie aus dem Castor-Behälter in den Pollux-Behälter, wenn überhaupt. Denn neuerdings wird es disdkutiert, dass man in den Salzstock Gorleben, und das ist das Thema für uns, behälterlos einlagert. Sie haben richtig gehört: behälterlos einlagert. Man muss diese 500 m überwinden zwischen dem Castor-Lager und dem Terrain, das sich offiziell Erkundungsbergwerk Gorleben nennt. Dann soll in etwa 600 bis 800 m Tiefe dieser hochradioaktive Müll im Salzgestein in Bohrlöchern eingelagert werden. Sie können sich vorstellen, allein das alles zusammengenommen, ist ein unglaubliches Gruselkabinett. Denn wir können uns übehaupt gar nicht vorstellen, wie in dieser Form – behälterlos – irgendein Schutz gegeben sein sollte. Man sprach in der Vergangenheit nämlich immer davon, daß es mehrere Barrieren geben soll bei der Einlagerung von hochradioaktiven Abfällen in tiefe geologische Formationen.
Ich bekenne hier mal an dieser Stelle: prinzipiell finden wir es richtig, dass Abfälle in tiefen geologischen Formationen eingelagert werden.
Aber dieser Salzstock ist 1977 mit dem Finger auf der Landkarte – peng! – ausgewählt worden von einem Ministerpräsidenten. Er hieß Ernst Albrecht, CDU.
Damals gab es in Niedersachsen ein Minderheitenkabinett, und es gab Versuche, im Emsland einen Ort zu finden, und auch im Lichtenmoor, alles Niedersachsens Salzstöcke. Der Widerstand im Emsland war so groß gegen den Versuch, den Müll dort einzulagern, dass die CDU-Leute auf die Straße gingen, und ein Kabinettskollege, ein Herr Remmert, hat ihm später bedeutet: Es geht nicht, er kriegt keine Stimmen von uns für diese Minderheitenregierung, und deshalb ist man abgerückt von diesem Standort. Es gab danach auch eigentlich gar keinen Vergleich mehr, sondern nur eine Festlegung auf Gorleben. Seitdem steht Gorleben. Aber, wie gesagt, es war damals etwas anderes geplant. Es ging gar nicht hauptsächlich um den Standort für ein Endlager, sondern für dieses nuklare Entsorgungszentrum. Zu dieser oberirdischen Infrastrukturanlage gehörte eine Wiederaufarbeitungs-Anlage und eine Brennelementfabrik. Diese Geschichte, glaube ich, kennen viele.
Wir haben es gekippt. Schon nach zwei Jahren rollten die Trecker und wir waren, nach zwei Jahren, 1979 mit dem ersten Treck unterwegs nach Hannover.
Gleichzeitig passierte Harrisburg. Es waren 100.000 Menschen auf der Straße. Am Rande lief ein wissenschaftliches Symposium. Am Ende dieses Symposiums hat dieser Herr Albrecht erklärt, Gorleben, das sei zwar technisch machbar, aber politisch nicht durchsetzbar. Es wurde dann gekippt und wenig später hat er dann noch einmal im Bundestag gesprochen, damals ja noch in Bonn, und hat gesagt: „Ich kann doch nicht auf verängstigte Menschen schießen lassen!“ – Alles belegbar. Bundestagsprotokolle. Wer überhaupt diesen Gedanken haben konnte, wer – wenn Menschen aufstehen und sich wehren und sich organisieren in Bürgerinitiativen – sich solche Bürgerkriegsszenarien vorstellen kann, der gehört irgendwie nicht in diese demokratische Republik.
Ich glaube, was wir bewiesen haben über diese lange, lange Zeit, den langen Atem, den wir dort bewiesen haben, trotz vieler Niederlagen, denn schließlich wurde ja doch das Castor-Lager in Betrieb genommen und die Lagerhalle für die schwach- und mittelaktiven Abfälle, auch noch im Orwell-Jahr 1984, gespenstisch war das damals, also, wenn wir uns das alles hier vor Augen führen, dann sagen wir: Der Staat, der zeigt Härte, aber wir zeigen Charakter. Und der wachsende Bürgerwille, das läßt sich ja heute überhaupt nicht mehr verleugnen, der wachsende Bürgerwille, das ist etwas, was offizielle Politik, was Politiker enorm registrieren, und das ist gut so, wir sind unglaublich selbstbewusst und fordern unsere Rechte ein und gehen für diese Rechte auf die Straße und auf die Schiene.
Das ist ein bisschen wie Stuttgart21, obwohl, ich glaube, wir haben es ihnen vorgemacht, wie es geht, aber es ist trotzdem ein bißchen wie Stuttgart21 mit Blick auf Gorleben und auf dieses Endlager-Projekt: „Obenbleiben!“
Ja, es gibt auch Widerstandsformen, die sind dann vielleicht umstritten. Aber ich bekenne hier, obwohl alles mitgeschnitten wird, folgendes: wir lassen uns nicht auseinanderdividieren. Überhaupt die große eindrucksvolle Demonstration, das ist das eine, und es gab viele Aktionen auf der Schiene und auf der Straße. Es gab den Versuch von überwiegend jüngeren Leuten diese Schienenstränge zu entschottern. Wir wurden ständig dazu befragt, wie wir dazu stehen. Wir haben nicht dazu aufgerufen und konnten das auch gar nicht tun, denn wir sind eine Bürgerinitiative, ein eingetragener Verein. Da hängt was dran. Aber wir haben gesagt: „Überlegt doch einmal, warum gehen Menschen so weit mit offenem Gesicht zu erklären:`Wir wollen diese Steine entfernen´, warum bringen sie diesen Mut auf, wenn sie wissen, dass sie möglicherweise strafverfolgt werden?“ Und es war eine gewaltfreie Aktion. Das zweite: Menschen haben sich auf die Schiene gesetzt. Das in der Tat war überwältigend: 5000 Menschen bei Minustemperaturen setzten sich auf der Schiene nieder und sagten: „Wir gehen hier nicht mehr weg.“ Einsatzkräfte aus Nordrhein-Westfalen standen davor, waren wirklich ein paar Stunden lang hilflos, weil sie auch nicht wussten, wie mit vertretbaren polizeilichen Mitteln diese Menschen entfernt werden könnten. Dann haben sie angefangen, sie wegzutragen. Der Zeitplan sollte durchgehalten werden. Es war sowieso schon alles aus dem Lot, was den Zeitplan anging, aber sie haben mit einem Male Order gehabt, es sollte abgeräumt werden.
Dann gab es noch die große Sitzblockade direkt vor dem Zwischenlager, noch einmal 4000 bis 5000 Menschen, die zum Teil zwei Tage lang dort ausgeharrt haben und alles zusammen, wenn wir alles zusammen betrachten, auch die pfiffige Aktion von Greenpeace mit dem Trojanischen Pferd, also dieser Bierwagen, der vorfährt, auf einmal ist gar kein Bier drin, sondern ein Betonklotz, der wird verankert mit der Straße und angekettet. Sie kamen nicht durch.
Die Bauern wieder, die nicht nur ihre Trecker quergestellt hatten, sondern auch wieder einen Betonklotz auf die Straße gestellt hatten. Sie kamen nicht durch.
Das alles ist etwas, was unseren Widerstand charakterisiert. Wir sind dabei auch witzig. Es macht auch Spaß, Widerstand zu leisten, das möchte ich mal an dieser Stelle sagen. Ja, wir laufen doch nicht im Büßerhemd herum und sagen: „Ohje, ohje, dieser schreckliche Atomstaat.“
Aber er ist schrecklich, weil er Maßnahmen ergreifen muß, wenn da 20.000 Polizistinnen und Polizisten kamen und sie müssen mit den Menschen klarkommen, um sie von der Straße, von der Schiene wegzuräumen, die natürlich das skizzieren, umreißen, was Robert Jungk einmal „Atomstaat“ genannt hat.
Also:
Es gibt Hausdurchsuchungen von Vermummten ohne Durchsuchungsbefehl. Wir arbeiten das akribisch, juristisch auf.
Es gab eine Attacke auf einen Baumkletterer, der ist mit Pfefferspray besprüht worden, fiel 4 m herunter auf die Straße, Knochenbrüche. Und wurde dann noch getreten.
Es gab erstmalig den Einsatz von Drohnen, haben vielleicht einige gelesen. In der letzten Woche haben wir das publik gemacht. Unbemannte Flugkörper, die die gesamte Demonstration aufzeichneten. Also, Verstoß gegen das Recht am eigenen Bild, Verstoß gegen usw.usf… Wir werden alle solche Geschichten selbstverständlich aufarbeiten.
Ich glaube, es ist sehr wichtig, dass wir an der Stelle nicht sagen: „Tja, also, da kommt dieser große Polizeieinsatz, ja, und da geht´s auch mal so´n bißchen in die Grauzone.“
Das lasssen wir ihnen nicht durchgehen. So wie wir strafverfolgt werden, geben wir es ihnen zurück, und wir werden nicht müde zu behaupten, dass das, was wir machen, nichts anderes ist als das Korrektiv von Fehlentscheidungen von Politik. Das ist unser Grundrecht auf die Straße zu gehen.
Was ist wohl wichtiger, eine Müllabfuhr zu sichern oder das Grundrecht von Demonstrantinnen und Demonstranten, das Bürgerrecht, das Freiheitsrecht zu wahren.
Die Polizei ist an der falschen Stelle eingesetzt worden hier. Aber es gibt, wie wir merken, auch leichte Aufweichungen bei der Polizei. Von den 20.000, glauben wir mal, die im Einsatz waren, können wir mal ein Drittel dazurechnen, die waren auf unserer Seite. Sie sagen es inzwischen ganz offen: „Wir schämen uns, dass wir gegen Euch eingesetzt werden.“
Was ist der Hintergrund? Diese schwarz-gelbe Regierung hat ja ein Faß aufgemacht, ein Atommüll-Faß aufgemacht, mit dem Beschluss der Laufzeitbverlängerung. Sie hatte zehn Monate Zeit, und rausgekommen ist – Stuss. Es ist so klar geworden durch diese nächtlichen Verhandlungen, da passen sogar die Bilder: 5.32 Uhr haben sie es unter Dach und Fach gehabt, dass sie nichts weiter sind, als der geschäftsführende Ausschuss der vier großen Energiekonzerne, die Atomstrom produzieren. Bei uns heißen die übrigens es nicht Eon, sondern E.off, ErWehE, EnBeWeh und Watt fürn Fall.
Muttis Bester, der Umweltminister – das ist nicht von mir -, so heißt es hier in Berlin, in Journalistenkreisen, war in der Schlussphase, als es um die Milliardenbeträge ging, überhaupt gar nicht mehr dabei. Also, er war eigentlich derjenige, der sagte, die Nutzung der Atomkraft dürfte kein Alleinstellungsmerkmal der CDU werden. Und er hat auch einen wunderbaren Satz gesagt, den möchte ich hier zitieren: Die gesellschaftlichen Widerstände gegen die Atomkraft seien zu groß, jetzt das Zitat – „Kernenergie hat auch nach 40 Jahren keine hinreichende Akzeptanz in der Bevölkerung.“ Damit hat er recht. Doch, Wissen ist Macht, dieser litaneienhaft gepriesenen „Brücke“ brechen ja alle Pfeiler weg. Viel zu vielen Menschen dämmert inzwischen: Hier geht es überhaupt nicht um eine vermeintliche Stromlücke, hier geht es auch nicht um Versorgungssicherheit, sondern es geht nur um die Sicherung der Profite dieser vier genannten Konzerne. In den acht Jahren, den denen der Atomausstieg seit dem sogenannten Atomkompromiss im Jahre 2000, also unter rot-grün, stattfinden sollte, sind nur zwei AKWs vom Netz gegangen, Obrigheim und Stade. Stade deswegen, weil die Reparaturkosten so hoch waren, dass es gar nicht mehr lohnte, das AKW weiter zu betreiben.
Wir waren auch sehr, sehr kritisch – und bleiben es auch – gegenüber rot-grünen Ausstiegsszenarien, denn wenn wir anschauen, was dort damals beschlossen wurde, bei nüchterner Betrachtung, sagen wir, dieser Atomkompromiss war ein zahnloses Instrument, weil es möglich war, Stromkontingente von alten auf neue, von neuen auf alte AKWs zu übertragen; so konnten sie durch zwei Legislaturperioden durchsurfen, und kein weiteres AKW ging vom Netz. Allerdings, in dieser Legislaturperiode hätte etwas anderes angestanden. Nämlich große Brocken: 7 AKWs älterer Bauart und dieses Pannen-AKW Krümmel, von dem wir glaubten, es wäre das erste Bauernopfer, sogar unter schwarz-gelb. Brunsbüttel und Krümmel stehen ja schon über zwei Jahren mit kurzen Unterbrechungen still. Wir können uns gar nicht vorstellen, dass überhaupt irgend jemand die Traute hat, diese AKWs wieder anfahren zu lassen. Also, es ging natürlich um diese Reaktoren.
Wenn ich jetzt schaue, wie es weltweit aussieht – es macht ja manchmal wirklich Sinn über den Tellerrand zu schauen und nicht nur die deutschen Verhältnisse zu betrachten, und zu sehen, was ist denn aus der angeblichen Renaissance der Atomkraft geworden, dieser Technologie, die von Seiten der CSU sogar als Ökostrom tituliert wird, weil ja kein CO2 ausgestoßen wird, wenn man nur den Reaktor betrachtet und überhaupt nicht in Betracht zieht, dass es ja Uranabbau, Transporte, Yellow-Cake, Anreicherung und das große ungelöste Problem der Atom-Entsorgung gibt, wer also bei enger Betrachtung nur dieses AKW CO2-frei sieht, sagt Ökostrom.
Es gibt im Moment nur sieben zusätzliche AKW-Baustellen auf der Welt, insgesamt gibt es 438 Atomkraftwerke. Seit 2010 haben nur in Russland und in Indien 2 AkWs den Dauerbetrieb begonnen. Es sind sieben neue Baustellen eröffnet worden: vier in China, zwei in Russland und eine in Brasilien. Sehen wir auf den Zeitraum seit dem Jahr 2000, da wird es noch deutlicher, seit dem Jahr 2000 haben in folgenden Ländern AKW-Neubauten begonnen: China (26), Russland (9), Indien (8), Südkorea (6), Japan (3), Finnland (1), Frankreich (1), Pakistan (1), Brasilien (1), das sind 56.
Und da fällt etwas auf: Wer sich die Liste dieser Länder anschaut, sieht, Ausbauprogramme gibt es überall dort, wo es staatliche Lenkung und Subventionen gibt, oder wo zivil-militärische Option eine Rolle spielt, also den Zugriff auf nukleare Teilhabe durch Nutzung der Atomkraft. Das ist auffällig. Alles andere erweist sich bisher als ziemliches Geschwätz.
Es ging auch überhaupt nicht ohne sogenannte Staatsknete. Der Ausbau des Atomprogramms hier ging nur durch direkte und indirekte Subvention in Milliardenhöhe.
Die neueste Zahl, die das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung letzte Woche veröffentlicht hat, war: die direkt berechneten Subventionen beliefen sich auf 45,2 Mrd Euro, die versteckten – auch EU-Mittel über Euratom – auf 50 Mrd. Wenn man das umrechnet auf den Strompreis käme man beim Atomstrom, der ja angeblich so günstig ist, auf einen Preis, der etwa 1,2 Ct höher ist. Aber, weg lasse ich an dieser Stelle jetzt ausdrücklich, aus blende ich völlig, dass es keine Deckungsvorsorge gibt bei Reaktorunfällen, die wurde um 2,5 Mrd. erhöht. Würde das volle Risiko versichert, würde sich 1kWh Atomstrom um 5 Euro-Cent erhöhen. Sie merken, wir bewegen uns längst in den Bereichen, in denen Ökostrom, vor allem Windstrom, ein starker, harter Konkurrent ist. Der sogenannte Kostenvorteil verschwindet. Das einzige, was bleibt ist, und das ist aus unserer Sicht das Entscheidende, warum die AKW-Betreiber sich an diese Reaktoren so klammern, dass abgeschriebene AKWs, nur abgeschriebene AKWs, täglich 1 Mio. abwerfen an Zusatzgewinn.
Und das ist der Grund, warum schwarz-gelb eingeknickt ist vor diesen Interessen. Vor diesen Interessen sind sie eingeknickt.
Wir sagen: Bändigt die Macht dieser Oligopole. Denn es wäre auch rechnerisch jetzt schon möglich gewesen, wenn man sich die Strombilanzen anguckt, auf 8 AKWs verzichten zu können. Selbst dann gäbe es noch eine ausgeglichene Strombilanz.
Ich glaube, es ist wichtig, daß wir diese Losung durchbrechen, die da lautet: Privatisierung der Gewinne auf der einen Seite, Vergesellschaftung der Folgeschäden aus der Implementierung der Atomkraft auf der anderen Seite.
Wenn wir es schaffen, endlich mal an den Machtverhältnissen zu rütteln, nicht mehr an der Oberfläche zu kleben, und Parteien- und Konzernpolitik zu diskutieren, wenn wir es schaffen, endlich mal an der Machtverhältnissen zu rütteln, das heißt, wenn man die Monopole endlich verstaatlichen würde und gleichzeitig den Aufbau der dezentralen Stromversorgung vorantreiben würde und sich dann auch noch endlich aufraffen würde, Geld hineinzupumpen in moderne Speichertechnik und diese verlustarmen Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungsnetze, dann gäbe es überhaupt keine Debatten mehr über Stromlücken, Grundlast und Versorgungssicherheit.
Nun noch ein kleiner Blick historisch zurück. Ich habe es vorhin schon erwähnt, wenn man sich die Liste der AKW-Länder anschaut, dann ist sehr auffällig, daß dies auch sogenannte Schwellenländer sind, die auch zivil-militärische Interessen verfolgen. Das war am Anfang in der Nutzung der Atomkraft in der Bundesrepublik gar nicht anders. Es war übrigens auch in der DDR ein heißer Renner, also das KKW Rheinsberg nahm im Oktober 1966 den Betrieb auf im Wettlauf mit dem BRD-Kapitalismus, drei Monate vor der Inbetriebnahme des AKW Gundremmingen. Aber nach den Reaktorunfällen von Harrisburg, wie ich schon erwähnte 1979 und Tschernobyl 1986 war aus unserer Sicht die Symbiose von Atomenergie und Sozialismus als auch der kapitalistische Machbarkeits-Mythos geplatzt, und rief Gegenbewegung hervor, jenseits ideologischer Verkrustung. Das ist die Provinienz der Anti-Atomkraftbewegung, und das ist meine Provinienz. Es gab in der BRD ja einen „Atomminister“: Franz Josef Strauß. Und das erste „Atom-Ei“ in Garching in München und das erste Atomforschungszentrum in Karlsruhe mit einer Wiederaufarbeitungs-Anlage, also mit Plutonium. Und das Plutonium-Lager, was man in Hanau hatte, alles zielte nur darauf, eines Tages auch im Rahmen von der NATO nukleare Teilhabemacht zu werden. Das ist zum Glück geplatzt, diese Träume sind geplatzt. Soweit sind wir hier schon gekommen. Und das ist, glaube ich, das allergrößte Verdienst. Vorhin war die Rede von Erfolg. Das begreife ich als einen Erfolg. Die anderen Erfolge, die müssen wir uns in der nächsten Zeit noch erkämpfen.
Ich möchte noch ein Letztes sagen, um die Zeit nicht zu überspannen.
Natürlich sehen wir uns im Kontext von einer anderen Energiepolitik. Wir sagen nicht nur ATOMKRAFT – NEIN DANKE! Wir wissen, dass der weitere Aufbau der Atomkraft weltweit oder das Festhalten an AKW hier den Siegeszug der Regenerativen blockiert.
Wir haben inzwischen, und das ist, glaube ich, etwas sehr Interessantes in diesen über 30 Jahren, die wir hier in Gorleben führen, inzwischen völlig andere Bündnispartner. Ich meine nicht die üblichen Verdächtigen, die Umweltverbände, die uns unterstützen, und andere Anti-Atom-Initiativen, nein, wir haben erstens Unterstützung aus kirchlichen Kreisen: Die EKD hat sich gerade klar gegen die Atomkraft positioniert und führt auch in Gartow-Gorleben eine Klage gegen den Versuch von Herrn Röttgen, durch die Fortschreibung dieses uralten Rahmenbetriebsplanes aus 1982, um in Gorleben im Salzgestein weiterbauen zu können. Die Kirche ist auf unserer Seite.
Selbst die katholische Kirche, das ist eine kleine Revolution, hat sich jetzt erstmalig in der letzten Woche zu unseren Gunsten erklärt gegen Atomkraft.
Es geht tief rein in bürgerliche konservative Kreise, vor allem im Süden dieser Republik.
Zweitens: Wir haben ganz andere Player auf dem Markt. Der Bundesverband Erneuerbare Energien hat letztes Jahr schon, als die 400 Trecker aus dem Wendland nach Berlin rollten, diese Veranstaltung finanziell unterstützt und auch durch Redebeiträge, und hat sich nicht ködern lassen durch dieses Versprechen, dass ein Teil der Extragewinne aus dem Weiterbetrieb der Reaktoren abgezweigt wird für den Ausbau der erneuerbaren Energien.
So etwas ist Klasse, denn wir sind völlig neu aufgestellt. So, glaube ich, schaffen wir es auch, dass wir es noch erleben können, dass das nukleare Abenteuer, wenigstens hier in unserem Land, ein Ende findet. Ich glaube, es ist so wichtig weltweit, wenn wir als Industrienation vormachen: Es geht anders! Das gibt das Beispiel für andere Länder und macht auch Mut in anderen Ländern. 3000 Menschen, habe ich gerade gelesen, indische Bauern, sind vor zwei Wochen festgenommen worden, weil sie gegen ein Atomkraft-Projekt in ihrem Dorf auf die Straße gegangen sind. Vor denen habe ich Respekt, denn sie haben etwas anderes zu befürchten als wir hier, die vielleicht mit Ordnungsstrafmaßnahmen davonkommen.