Mark Kennedy spionierte über Jahre linke Bewegungen in 22 Ländern aus
Über Jahre hat der britische Polizeispitzel Mark Kennedy die Umweltbewegung im Vereinten Königreich ausspioniert. Wie erst jetzt bekannt wurde, war Kennedy, der unter dem Alias-Namen Mark Stone arbeitete, darüber hinaus in 22 weiteren Ländern aktiv – darunter auch in Deutschland.
Politische Aktivisten in ganz Europa kennen Mark Stone. Der 41-jährige Brite nahm über Jahre an Veranstaltungen teil und organisierte teils internationale Proteste mit – zum Beispiel 2009 die Proteste gegen den NATO-Gipfel in Straßburg. Das Entsetzen war daher groß, als Stones Konterfei in den britischen Medien auftauchte und seine wahre Identität enthüllt wurde.
Stone heißt eigentlich Mark Kennedy und arbeitete seit mindestens 2003 für die National Public Order Intelligence Unit (NCDE) bei Scotland Yard. „Die Einheit wurde Ende der 90er Jahre gegründet, um anarchistische und globalisierungskritische Gruppen oder die wachsende Tierrechtsbewegung auszuforschen“, erläutert der auf europäische Repression spezialisierte Journalist Matthias Monroy. „Die NCDE hat angeblich ein jährliches Budget von fast 10 Millionen Euro.“
Nach Recherchen des britischen „Guardian“ war Kennedy unter dem Alias-Namen Stone im letzten Jahrzehnt in antirassistischen, klimapolitischen und globalisierungskritischen Protestbewegungen in 22 Ländern involviert. Der Aktivist Jason Kirkpatrick, seit vielen Jahren in der globalisierungskritischen Bewegung engagiert, ist empört: „Ich dachte, Stone ist ein Freund von mir und jetzt wird klar, dass er mich verraten hat.“
Wie Kirkpatrick, der in Berlin lebt, geht es derzeit vielen Aktivisten. Nach Erkenntnissen von Andrej Hunko, Bundestagsabgeordneter der LINKEN, interessierte sich Kennedy in Deutschland auch für antifaschistische Zusammenhänge. „Wir wissen jetzt von mindestens einem Vorfall, in dem Kennedy seine ‚Hilfe‘ gegen Nazi-Strukturen anbot“, schreibt Andrej Hunko in einer Pressemitteilung. Der Brite habe einem in Deutschland lebenden Aktivisten angeboten, wenn es „Nazi-Probleme“ gebe, diese „mit Freunden“ zu lösen. Er solle hierfür ledigleich Hinweise geben.
Hunko stellt die Frage, ob neben Scotland Yard auch deutsche Polizeibehörden in Kennedys Spitzelaktivitäten verwickelt waren. Die Bundesregierung schweigt dazu. In der Antwort auf eine Kleine Anfrage Hunkos heißt es: „Hierzu werden aus einsatztaktischen Gründen weder Negativ- noch Positivauskünfte erteilt“.
Wie der Einsatz von Polizeispitzel dagegen länderübergreifend koordiniert wurde, zeigt eine Entschließung des Europäischen Rates vom Juni 2007. Darin heißt es: „Bestehende rechtliche und praktische Hindernisse in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in Bezug auf verdeckte Ermittler sollten im Interesse eines wirksamen Vorgehens gegen die grenzüberschreitende Kriminalität und im Interesse der beteiligten Polizeibeamten identifiziert und beseitigt werden“.
Die Spitzelaffäre dürfte nun auch auf einem von Aktivisten vorbereiteten Kongress zum Thema Sicherheitspolitik eine Rolle spielen, der am letzten Januarwochenende stattfindet. Dort soll die europäische Sicherheitspolitik analysiert und kritisch auseinandergenommen werden.