ethecon-Preisträger Uri Avnery über den israelischen Militär-Überfall
Der weltbekannte und mit dem Internationalen ethecon Blue Planet Award 2009 sowie vielen anderen Preisen ausgezeichnete israelische Journalist und Friedensaktivist Uri Avnery hat zu dem militärischen Überfall seiner Regierung auf einen internationalen Hilfskonvoi in internationalen Gewässern Stellung genommen. Die von ihm mit gegründete Friedensinitiative Gush Shalom (Friedensblock) berichtet wie folgt:
„Ein Tag der Schande“
„In dieser Nacht wurde mitten auf dem Meer ein Verbrechen begangen – auf Befehl der Regierung Israels und des IDF-Kommandos. Ein kriegsähnlicher Angriff gegen Schiffe mit Hilfslieferungen und tödliche Schüsse auf Friedensaktivisten und Aktivisten humanitärer Hilfe. Eine wahnsinnige Sache, die sich nur eine Regierung leisten kann, die alle roten Linien überschritten hat.“
Nur eine wahnsinnige Regierung, die alle Beherrschung und jede Verbindung zur Realität verloren hat, kann so etwas tun: Schiffe, die humanitäre Hilfe und Friedensaktivisten aus aller Welt mit sich bringen, als Feinde anzusehen und massive militärische Kräfte in internationale Gewässer zu schicken, sie anzugreifen, zu beschießen und zu töten.
„Niemand in der Welt wird die Lügen und Entschuldigungen glauben, mit denen die Regierungs- und Armeesprecher daherkommen“, sagt der frühere Knessetabgeordnete Uri Avnery von der Gush Shalom Bewegung. Gush Shalom Aktivisten werden zusammen mit Aktivisten anderer Organisationen ab 11 Uhr von Tel Aviv abfahren, um vor der vorbereiteten Hafteinrichtung (in Ashdod), wo die internationalen Friedensaktivisten hingebracht werden, zu protestieren.
Greta Berlin, die Sprecherin der Flottillen-Organisation, die in Zypern ihren Sitz hat, sagte zu Gush Shalom-Aktivisten, dass das israelische Kommando mit Helikoptern auf den Booten gelandet sei und sofort das Feuer eröffnet hätte.
Dies ist ein Tag der Schande für den Staat Israel, ein Tag großer Besorgnis, an dem wir entdecken, dass unsere Zukunft einer Bande von schießwütigen verantwortungslosen Leuten anvertraut wurde. Dieser Tag ist ein Tag der grenzenlose Schande und des Wahnsinns und der Dummheit, es ist der Tag, an dem die israelische Regierung den Namen des Landes in aller Welt verunglimpft hat, indem es überzeugende Beweise seiner Aggressivität und Brutalität zu Israels ohnehin schon schlechtem internationalen Image hinzufügte und damit die wenigen verbliebenen Freunde entmutigt und distanziert hat.
Tatsächlich fand weit vor der Küste des Gazastreifens eine Provokation statt – aber die Provokateure waren nicht die Friedensaktivisten, die von den Palästinensern eingeladen waren und die die Küste Gazas erreichen wollten. Die Provokation wurde vom Marinekommando auf Befehl der israelischen Regierung ausgeführt: den Weg für die Boote mit den Hilfslieferungen zu blockieren und tödliche Gewalt anzuwenden.
Es ist Zeit, die Belagerung des Gazastreifens zu beenden, der seinen Bewohnern nur schweres Leid zufügt. Heute hat die israelische Regierung mit eigenen Händen die Maske von ihrem Gesicht genommen und damit klar gemacht, dass Israel sich noch nicht vom Gazastreifen „getrennt“ hat. Wirkliche Trennung von einem Gebiet kann nicht bedeuten, dass weiter der Zugang zu ihm blockiert wird oder Soldaten geschickt werden, um auf die zu schießen, sie zu töten und zu verletzen, die versuchen, dorthin zu gelangen.
Der Staat Israel versprach in den Oslo-Abkommen vor 17 Jahren, die Errichtung eines tiefen Seehafens in Gaza zu ermöglichen, durch den die Palästinenser frei im- und exportieren und ihre Wirtschaft entwickeln können. Es wird Zeit, diese Verpflichtung zu realisieren und den Hafen von Gaza zu öffnen. Erst wenn der Gazahafen für freie und ungestörte Bewegung offen sein wird, genau wie der Hafen von Haifa und Ashdod, wird sich Israel vom Gazastreifen getrennt haben. Bis dahin wird die Welt weiterhin – zu Recht – den Gazastreifen unter israelischer Besatzung ansehen und den Staat Israel verantwortlich für das Schicksal der dort lebenden Menschen. (PK)
(Übersetzung Ellen Rohlfs)