An die Vorstandsvorsitzenden Anshu Jain und Jürgen Fitschen sowie die GroßaktionärInnen der DEUTSCHEN BANK von ethecon – Stiftung Ethik & Ökonomie
Herr Jain,
Herr Fitschen,
Damen und Herren GroßaktionärInnen,
am 16. November wurde im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung in Berlin der von ethecon – Stiftung Ethik & Ökonomie ausgeschriebene Internationale ethecon Black Planet Award 2013 vergeben. Mit diesem Schmähpreis werden „Personen gebrandmarkt, die im Spannungsfeld Ethik und Ökonomie ethische Prinzipien in herausragender Weise mit Füßen treten und derart den Blauen Planeten in Gefahr bringen. Wobei der Blaue Planet die gesamte belebte und unbelebte Welt umfasst. … (der Preis) prangert Personen an, die beispielhaft von Krieg, Ausbeutung, Menschenrechtsverletzungen, Zerstörung der Natur und sozialem Elend profitieren und derart gewollt oder ungewollt treibende Kräfte dieser verheerenden Entwicklungen sind. Diese Menschen sind es, die die Gefahr heraufbeschwören, dass aus dem Blauen Planeten ein Schwarzer Planet wird.“ (Das Internationale ethecon Blue Planet Project, Düsseldorf 2011, 15. aktualisierte Auflage, S. 13/14.).
Der Internationale ethecon Black Planet Award 2013 wurde am 16. November 2013 zusammen mit dem Internationalen ethecon Blue Planet Award 2013 vergeben. Mit diesem Ehrenpreis „werden … Personen ausgezeichnet, die sich herausragend für die ethischen Prinzipien im Spannungsfeld Ethik und Ökonomie einsetzen und derart für den Erhalt bzw. die Rettung unseres „Blauen Planeten“ kämpfen. Wobei der „Blaue Planet“ die gesamte belebte und unbelebte Welt umfasst. … (Der Preis) ehrt Menschen, die … bereit sind, für die Verteidigung von Frieden, Gerechtigkeit und Ökologie zivilen Widerstand zu leisten … ohne Rücksicht auf Nachteile für die Ideale und die Interessen der Menschheit einzutreten. Sie sind die GarantInnen, die das empfindliche Pflänzchen der Ethik hüten, pflegen und verteidigen.“ (Das Internationale ethecon Blue Planet Project, Düsseldorf 2011, 15. aktualisierte Auflage, S. 10/12.).
Im Ergebnis eines umfangreichen weltweiten Nominierungs- und Auswahlverfahrens wurden Sie, Herr Jain und Herr Fitschen sowie Sie, die GroßaktionärInnen der DEUTSCHEN BANK AG, am 21. September 2013, dem Internationalen Tag des Friedens, für den Internationalen ethecon Black Planet Award 2013 nominiert. Wir stützten uns bei unserer Entscheidung auf Nachrichtenmeldungen, auf die in der Öffentlichkeit teilweise schon seit Jahren bekannten Fakten, auf die von JournalistInnen in aller Welt zusammengetragenen Informationen, auf öffentlich vorliegende Dokumente, auf Ermittlungen von Regierungsstellen und Umweltorganisationen in verschiedenen Ländern und nicht zuletzt auf die von Ihrem Konzern veröffentlichten Materialien. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Begründung für unsere Entscheidung noch konsequenter und umfangreicher ausgefallen wäre, hätten alle, auch die betriebsintern und andernorts unter Verschluss gehaltenen bzw. vertuschten und eventuell sogar vernichteten Informationen umfassend zur Verfügung gestanden.
Auf der Grundlage der wie dargestellt zugänglichen Informationen begründet ethecon – Stiftung Ethik & Ökonomie ihre Entscheidung, Sie, Herr Jain und Herr Fitschen, sowie Sie, die GroßaktionärInnen der DEUTSCHEN BANK AG, mit dem Internationalen ethecon Black Planet Award 2013 international an den Pranger zu stellen, zusammengefasst wie folgt:
Die Vorwürfe gegen die DEUTSCHE BANK und die Skandale, in die sie und ihre Verantwortlichen verstrickt sind, sind vielfältig. Zum einen handelt es sich um die Geschäftspraktiken und eigenen Aktivitäten der Bank, zum anderen um die Finanzierung zweifelhafter oder schädlicher Praktiken von Unternehmen, mit denen die DEUTSCHE BANK Geschäfte macht.
Nach Recherchen des Norddeutschen Rundfunks und der Süddeutschen Zeitung hat die DEUTSCHE BANK über ihre Niederlassung in Singapur mehr als 300 Firmen und Trusts in mehreren Steueroasen, größtenteils auf den Britischen Jungferninseln, gegründet. In vielen Fällen setzte sie dabei ihre Tochterfirma REGULA LIMITED als Direktorin ein. Nach Ansicht von Kritikern leistete sie der Verschleierung von Geldströmen Vorschub und begünstigte damit mögliche Straftaten. In wessen Auftrag sie dies tat und was der Geschäftszweck war bzw. ist wollte die DEUTSCHE BANK nicht mitteilen. Mit Offshore-Konstrukten könnten Geldwäsche, Steuerhinterziehung, Korruptionsgelder verschleiert werden. In einer Broschüre offeriert die DEUTSCHE BANK ihren Kunden unverblümt die „Gründung, das Management und die Verwaltung“ von Trusts, Firmen und Stiftungen in verschiedenen Ländern. Dafür arbeite man eng mit den Rechts- oder Steuerberatern der Kunden zusammen. Auf der Website dboffshore.com wirbt sie für ihre Offshore-Dienste. Dort heißt es, die Steueroase Mauritius biete „eine steuer-neutrale Umgebung“. Die Mitarbeiterzahl im örtlichen Büro stieg dem Konzern zufolge in den vergangenen Jahren von fünf auf mehr als 200.
2012 wurde bekannt, dass zahlreiche Banken jahrelang, vor allem in den Jahren 2005 bis 2009, die Referenzzinssätze LIBOR und EURIBOR routinemäßig zu ihren Gunsten manipuliert haben, um Handelsgewinne zu erzielen. Es gibt Indizien, dass die DEUTSCHE BANK allein im Jahr 2008 damit 500 Millionen Euro verdiente.
Der ehemalige Chef der Westdeutschen Landesbank, Ludwig Poullain, warf der DEUTSCHEN BANK vor, bei riskanten Hypotheken missbräuchlich ihre Macht für Geschäfte eingesetzt zu haben, die sich volkswirtschaftlichen Verpflichtungen entziehen. Mit hochriskanten Wettgeschäften, an denen die DEUTSCHE BANK (und andere Unternehmen, darunter JPMorgan Chase & Co.) hohe Provisionen verdiente und die auf falschen Zinsprognosen basierten, verloren Städte – darunter Hagen und Pforzheim, Würzburg, Neuss und Mailand -, Gemeinden und europäische Regionen – darunter die Toskana – Millionenbeträge, welche die betroffenen Kommunen zum Teil ruinierten.
Äußerst kritikwürdig ist, dass die DEUTSCHE BANK sich – für sie und ihre Aktionäre und Aktionärinnen gewinnbringend – mit ihren Rohstoff- und Agrarfonds an Nahrungsmittelspekulationen und Landgrabbing, also Landnahme, beteiligt. Die Spekulation mit Nahrungsmitteln ist letzten Endes ein Geschäft mit dem Hunger. Zumindest wird dieser billigend in Kauf genommen, wenn die Profite stimmen.
Die DEUTSCHE BANK ist auch wegen eines zynischen Anlagefonds in die Kritik geraten, bei dem auf die Lebenserwartung von Menschen spekuliert wird. Selbst die Ombudsstelle des Bankenverbands hält dies für unvereinbar „mit unserer Wertordnung, insbesondere der in ihrem Mittelpunkt stehenden Unantastbarkeit der menschlichen Würde“. Der db Kompass Life 3 ist der morbideste von drei Lebensversicherungsfonds, für die die DEUTSCHE BANK über 700 Millionen Euro bei Kleinanlegern eingesammelt hat. Normalerweise kaufen solche Fonds Lebensversicherungen auf, um im Todesfall die Versicherungssumme zu kassieren. Beim Kompass Life 3 ging die DEUTSCHE BANK weiter: Sie kaufte keine echten Policen mehr. Stattdessen bot sie den Anlegern eine Art Wette auf die Restlebensdauer von rund 500 Personen an, die von einer „Tracking Company“ regelmäßig kontaktiert werden. Das Produkt basiert auf komplexen versicherungsmathematischen Modellen, doch es funktioniert nach einem einfachen, aber makaberen Prinzip: Je früher die sogenannten Referenzpersonen des Fonds sterben, desto höher ist der Gewinn für die Anleger.
Ein weiterer Kritikpunkt ist aus Sicht vieler Aktionäre das deutliche Missverhältnis zwischen der Höhe der Boni für die Mitarbeiter, vor allem im Investmentbanking, und der Höhe der Dividenden. 2012 erhielten die 98.219 Mitarbeiter der Bank Gehälter in Höhe von 13,5 Milliarden Euro. Der ausgewiesene Nettogewinn sank im selben Jahr um 85 Prozent auf 665 Millionen Euro. Gleichzeitig sank die Höhe der insgesamt ausgeschütteten Boni nur um 11 Prozent – auf stattliche 3,2 Milliarden Euro.
Die Verantwortlichen der DEUTSCHEN BANK haben keine Hemmungen, ihre Profite auf Kosten von Umwelt, Klima, Menschenrechten und sogar Menschenleben zu machen. Dass sie gleichzeitig Greenwashing betreiben, der Bank also einen grünen, sprich: einen nachhaltigen und umweltbewussten Anstrich geben wollen, ist dabei der Gipfel an Zynismus. Denn die Bank gehört zu den größten Investoren, bei der Finanzierung von Atomkraftwerken, Staudämmen oder anderen Megaprojekten.
Auch mit Rüstungskonzernen und deren Zulieferern werden vielfältige Geschäftsbeziehungen unterhalten – sei es nun in Form von Anleihen, Krediten oder Aktien an den Unternehmen. Dazu gehören ebenso Unternehmen, die geächtete Streubomben oder sogar Atomwaffen produzieren, wie solche, die ihre Waffen ohne zu zögern auch an Staaten liefern, die Menschenrechte missachten und die eigene Bevölkerung unterdrücken. Durch derartige Geschäfte von Rüstungskonzernen wie RHEINMETALL, LOCKHEED MARTIN und Co. macht auch die DEUTSCHE BANK Profite.
Herr Jain,
Herr Fitschen,
Damen und Herren GroßaktionärInnen,
verantwortlich für Entscheidungen und Handeln der DEUTSCHEN BANK sind in allerster Linie Sie. Ihnen gehört der Konzern, sie leiten die Firma. Auf Ihr Konto gehen der Ruin der menschlichen Gesundheit und die Zerstörung der Umwelt im großen Stil, ja selbst der Tod vieler Menschen. Sie stellen nicht nur eine Gefahr für den Frieden und die Menschenrechte dar, sondern auch für die Demokratie, die Ökologie und die Menschheit insgesamt. Sie handeln zum Vorteil persönlicher Macht und privater Bereicherung. Dafür treten Sie Moral und Ethik mit Füßen und nehmen den Untergang der Erde als Schwarzer Planet in Kauf.
ethecon sieht in Ihrem Handeln, Herr Jain, Herr Fitschen, Damen und Herren GroßaktionärInnen, ,, einen schockierenden Beitrag zu Ruin und Zerstörung unseres Blauen Planeten. Für diese erschreckende Missachtung und Verletzung menschlicher Ethik schmäht ethecon – Stiftung Ethik & Ökonomie Sie, die GroßaktionärInnen und das weitere verantwortliche Management mit dem Internationalen ethecon Black Planet Award 2013.
Wie eingangs erwähnt, ist die Verleihung des Internationalen ethecon Black Planet Award 2013 an Sie, die Verantwortlichen und Besitzer der DEUTSCHEN BANK, verbunden mit der Verleihung des Internationalen ethecon Blue Planet Award 2013. Dieser geht an die Musikerin, Antifaschistin und Friedensaktivistin Esther Bejarano. Im Gegensatz zu Ihnen, die Sie unseren Blauen Planeten in verantwortungsloser Weise gefährden und ruinieren, setzt sich Esther Bejarano in herausragender Weise für den Erhalt und die Rettung unseres Blauen Planeten und seiner BewohnerInnen ein.
Insbesondere gibt es im Fall der Blue Planet Preisträgerin Esther Bejarano Berührungspunkte mit der verbrecherischen Vergangenheit Ihrer Bank: Während die DEUTSCHE BANK nachweislich an der Finanzierung des KZ Auschwitz mitwirkte und auch Mitverantwortung an Etablierung und Wirken des Hitler-Nazi-Regimes hatte, wurde Esther Bejarano als 17-jährige zunächst in ein Arbeitslager und dann in das KZ Auschwitz verschleppt und überlebte nur, weil sie dort im Mädchenorchester mitwirken musste.
Wir fordern Sie auf, sich für Ihr persönliches Engagement ein Beispiel an Menschen wie Esther Bejarano zu nehmen. Beenden Sie die Ausbeutung und den Ruin von Mensch und Umwelt durch den DEUTSCHE-BANK-Konzern. Stellen Sie soziale Gerechtigkeit, Sicherheit und Menschenrechte im Unternehmen selbst und in dessen Wirkungsfeld sicher. Bewahren Sie die Umwelt und den Frieden. Nutzen Sie Ihr Geld statt zur Jagd auf Profit für ethische Investments und Solidar-Projekte, wie sie von der überwältigenden Mehrheit der Weltbevölkerung gefordert werden.
Dies ist der mit der Schmähung durch den Internationalen ethecon Black Planet Award 2013 verbundene Appell von ethecon – Stiftung Ethik & Ökonomie an Sie, die verantwortlichen Manager und Kapitalbesitzer der DEUTSCHEN BANK.
Zugleich fordern wir und setzen uns zusammen mit den nationalen und internationalen konzern- und globalisierungskritischen Bewegungen aktiv dafür ein, dass Sie für Ihr Handeln und für die von Ihrem Konzern verursachten Umwelt-, Gesundheits-, finanziellen, sozialen und sonstigen Schäden im Rahmen des Konzerns und auch persönlich in Haftung genommen, zur Rechenschaft gezogen und gegebenenfalls auch bestraft werden.
Berlin, 16. November 2013
Wir grüßen
Axel Köhler-Schnura Elke von der Beeck
(Vorsitzender des Vorstands) (Vorsitzende des Kuratoriums)