Erklärung von Vorstand und Kuratorium der Stiftung ethecon vom 24. März 2019
Stoppt den Wirtschaftskrieg gegen den globalen Süden! Öffnet die Grenzen!
Für das Recht auf Flucht vor menschenunwürdigen Verhältnissen
Seit 10 Jahren steigt die Zahl der Menschen, die vor Klimachaos, Wirtschafts- und Bürgerkriegen fliehen. Mit Bezug auf die 7.000 Menschen, die sich Ende 2018 von Mittelamerika zu Fuß auf den Weg in die USA gemacht hatten, sagte der honduranische Menschenrechtler Jaime Flores: „Es ist keine Karawane – es ist das Leiden, das dort geht.“
Schätzungen zufolge gibt es derzeit etwa eine Milliarde Migrant*innen. Fast jede vierte Arbeiter*in auf der Welt ist Migrant*in und mit besonders prekären Bedingungen konfrontiert: Ausgrenzung, Ausbeutung unter direktem Zwang, drohende Deportation, rassistische Gewalt und sogar Mord. Diesen fatalen Bedingungen liefert sich niemand aus Abenteuerlust aus. Was die Menschen dazu treibt, das sind Krieg, Armut und Hunger, der Entzug von Lebensgrundlagen verbunden mit der Hoffnung auf ein Leben in Würde an einem anderen Ort.
„Flüchtlinge eines Wirtschaftskrieges“
Im Rahmen der neoliberalen Globalisierung werden die Ursachen der Migration maßgeblich von den Industriegesellschaften des Nordens und den multinationalen Konzernen bewirkt. Sie treffen die Menschen aus den ehemaligen Kolonien bzw. dem globalen Süden, die durch Klimawandel und Umweltzerstörung, durch Freihandelsabkommen und Zerstörung unabhängiger Industrien, durch Landgrabbing, Menschenhandel und Bürgerkriege dazu gezwungen werden, ihre Heimat zu verlassen.
Für die malische Schriftstellerin Aminata Dramane Traoré gibt es keinen Zweifel, dass die in Europa so heftig umstrittene „Flüchtlingskrise“ vor allem ein Symptom des Scheiterns der von den führenden EU-Kreisen verfolgten neoliberalen Rezepte in Afrika ist, und dass die EU-Staaten selbst für die damit entstandenen Probleme verantwortlich sind. „Diejenigen, die die Jagd auf Menschen auf ihrem Gebiet, im Meer, in der Wüste organisieren, sind in hohem Maß verantwortlich für die Verarmung dieser Menschen. Völlig vertuscht werden die historischen und strukturellen Ursachen des Herumirrens dieser Männer und Frauen, die Verantwortlichkeit der europäischen Länder für die Zerstörung der Ökosysteme, des wirtschaftlichen und sozialen Netzes, die ganze Bevölkerungen zur Auswanderung drängen.“ Es ist die „Frage des Freihandels“, die im Zentrum des Schicksals aller Migranten steht, egal „ob es um Lateinamerikaner oder Afrikaner geht.“
Gleichzeitig werden die Mauern um einzelne Staaten immer höher gezogen, die Zäune immer stärker mit Stacheldraht und Wehranlagen gesichert, Flüchtlingsboote auf den Meeren zerstört und die Flüchtlingsabwehr weltweit zu Wasser, zu Lande und zur Luft militarisiert. Die gesetzlichen Grundlagen von Flucht und Asyl werden systematisch zum Nachteil der Flüchtenden geändert. Die Regierungen und Waffenkonzerne der Industrienationen rüsten Diktaturen in aller Welt für die Kriegsführung gegen Geflüchtete auf. Rassismus und Nationalismus werden geschürt und greifen um sich. Solidarität, Empathie und Hilfe werden kriminalisiert.
Zugleich werden die Menschen barbarisiert, indem sie gezwungen werden, dem Massenmord an Flüchtenden zuzusehen und ihn hinzunehmen.
Profiteur*innen der Fluchtursachen haftbar machen!
ethecon – Stiftung Ethik & Ökonomie wirkt entsprechend ihrer Satzung für die „Beachtung ethischer, ökologischer, sozialer und menschenrechtlicher Prinzipien bei Organisation und Durchführung ökonomischer Vorhaben.“
Kuratorium und Vorstand von ethecon stellen sich solidarisch auf die Seite derjenigen, die ihre Heimat verlassen müssen. Die Stiftung ethecon fordert, dass Asyl gewährt wird, wo immer die Flüchtenden dies wünschen. Die reichen Länder müssen sich ihrer Verantwortung stellen und die Fluchtursachen – Krieg, Umweltzerstörung, Armut – und nicht die Flüchtenden bekämpfen! Bezahlen müssen die Profiteur*innen und Architekt*innen von Sklavenarbeit, Klimachaos und Bürgerkrieg, also die Besitzer*innen und Manager*innen der herrschenden Konzerne!
ethecon stellt fest, dass sowohl die Fluchtursachen als auch der Umgang mit den Flüchtenden dem kapitalistischen Wirtschaftssystem geschuldet sind. Entsprechend ist ein Umbau der Gesellschaftsordnung weg von Egoismus und persönlichem Vorteil, weg vom Diktat der Profite, hin zu Demokratie, Solidarität und Völkerfreundschaft notwendig, um in Frieden, sozial gerecht und ökologisch sinnvoll leben, produzieren und Handel treiben zu können. Statt des Ausbaus unkontrollierter Rechte für Konzerne und Finanzinvestoren bedarf es der Einschränkung ihrer Macht und der demokratischen Kontrolle über sie!
Düsseldorf, den 24. März 2019
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