Offener Brief an die Formosa Plastics Group

FORMOSA PLASTICS GROUP
Familie Wang, Lee Chih-tseun
und die verantwortlichen Manager
201 Tung Hwa North Road
Taipei
Taiwan, R. O. C
21. November 2009

Offener Brief an die Besitzerfamilie Familie Wang, den Geschäftsführer Lee Chih-tsuen und die weiteren verantwortlichen Manager der FORMOSA PLASTICS GROUP mit Sitz in Taiwan

Sehr geehrte Mitglieder der Familie Wang,
sehr geehrter Herr Lee,
sehr geehrte Angehörige des verantwortlichen Managements,

am 21. November 2009 wurde in Berlin im Rahmen einer öffentlichen Tagung unserer Stiftung der von uns ausgeschriebene internationale Schmähpreis „Black Planet Award“ des Jahres 2009 vergeben. Im Rahmen eines internationalen Nominierungs- und Auswahlverfahrens wurden Sie ausgewählt und mit dem „Black Planet Award 2009“ an den internationalen Pranger gestellt.

Unsere Stiftung stützte sich bei ihrer Entscheidung auf die seit Jahren in der internationalen Öffentlichkeit bekannten Fakten, auf die von Gewerkschaften und Menschenrechtsgruppen in aller Welt zusammengetragenen Informationen, auf öffentlich vorliegende Dokumente, auf Ermittlungen von Regierungsstellen in verschiedenen Ländern und nicht zuletzt auf die von Ihrem Konzern veröffentlichten Materialien.

Zusammengefasst begründet „ethecon – Stiftung Ethik & Ökonomie“ ihre Entscheidung wie folgt:

Die FORMOSA PLASTIC GROUP (FPG) hat ihren Ursprung in den Zeiten des Antikommunismus und des Kalten Krieges. Sie wurde mit US-amerikanischem Geld 1954 in dem von dem berüchtigten Chiang Kai-shek wider das Völkerrecht von der VR China abgetrennten Inselstaat Taiwan gegründet.

Seitdem entwickelte sich die FORMOSA PLASTICS GROUP zu einer der weltweit größten Konzern-Gruppen mit zahlreichen Tochter-Unternehmen in Taiwan, China, Vietnam und anderen Ländern, darunter auch in den USA. Schwerpunkte der Produktion sind die Bereiche Chemie, Biotechnologie, Elektronik, Kosmetika, Haushaltschemikalien, Automobilteile und Arzneimittel.

Die Geschichte des Konzerns ist begleitet von einer andauernden Folge sozialer und ökologischer Verbrechen in aller Welt. Herausragende Beispiele sind:

  • Während die Produktion von PVC wegen der damit verbundenen Gefahren in aller Welt mehr und mehr geächtet wurde, hat die FPG die Herstellung systematisch ausgebaut und sich zu einem der weltweit größten Produzenten dieses ultragiftigen Stoffes entwickelt. Selbst über das Produktionsverbot für PVC in Taiwan setzte sich die FPG skrupellos hinweg.
  • 1998 wurde die FORMOSA PLASTICS GROUP dabei erwischt, als 3.000 Tonnen giftiger Abfälle vor der kambodschanischen Hafenstadt Sihanoukville einfach im Meer versenkt werden sollten. Die Böden, die Luft und das Wasser rund um die FPG-Anlagen in aller Welt sind in ungeheurer Weise vergiftet und stellen eine Gefahr für Leib und Leben der Menschen dar.
  • Immer wieder gibt es auch Todesopfer und Schwerverletzte durch Unfälle, Explosionen und Beinahe-Katastrophen in Werken der FPG. Meilenweit sind bereits mehrfach die Fenster durch Druckwellen bei Explosionen geborsten, in Illinois/USA mussten die umliegenden Gemeinden gar vollständig evakuiert werden.
  • In Taiwan steht der Konzern auf der Liste der 10 größten Umweltverschmutzer. 25 Prozent aller in Taiwan ausgebrachten Treibhausgase entfallen auf die FPG.

Die Haltung der Verantwortlichen der FORMOSA PLASTICS GROUP zu Recht und Gesetz, zu Ökologie und Frieden, zu sozialen Rechten und Menschenrechten sowie zu Produktionssicherheit und Umweltschutz wird beispielhaft daran deutlich, dass es in Delaware/USA unmöglich war, gesetzliche Auflagen zu übermitteln. Sie mussten vom Helicopter aus über dem Werksgelände abgeworfen werden. Auch die endlose Liste von hohen Strafen bis zu über einer Million Dollar führte zu keinerlei Verhaltensänderung.

Ebenso wenig scheren sich die Verantwortlichen um die massiven Proteste in den verschiedenen Ländern. In Taiwan gab es sogar bereits mehrfach Massendemonstrationen gegen die FORMOSA PLASTICS GROUP.

Das Unternehmen ist derart umweltverbrecherisch, dass selbst der US-amerikanische Unternehmerverband für die Chemische Industrie, die American Chemical Society, die Zusammenarbeit mit FPG ablehnt.

Für diese herausragende Leistung verbrecherischer Ethik sind Sie, die Mitglieder der Familie Wang, der Vorsitzenden der FORMOSA PLASTICS GROUP Lee Chih-tsuen und das leitende Management der FPG, verantwortlich. Auf Ihr Konto gehen der Ruin der menschlichen Gesundheit und die Zerstörung der Umwelt im großen Stil, ja selbst der Tod vieler Menschen. Sie stellen nicht nur eine Gefahr für den Frieden und die Menschenrechte dar, sondern auch für die Demokratie, die Ökologie und die Menschheit insgesamt. Sie handeln einzig zum Vorteil der persönlichen Bereicherung. Dafür treten Sie Moral und Ethik mit Füßen und nehmen den Untergang des Planeten als „Schwarzer Planet“ in Kauf.

Für Ihre herausragende Leistung destruktiver Ethik stellt „ethecon – Stiftung Ethik & Ökonomie“ Sie mit dem „Black Planet Award 2009“ an den internationalen Pranger. Sie stellen nicht nur eine Gefahr für den Frieden und die Menschenrechte dar, sondern auch für die Demokratie und die Menschheit insgesamt. Sie als verantwortliche Kapitalbesitzer und Manager betreiben in herausragend erschreckender Weise den Ruin unseres Blauen Planeten. Aus purer Profitgier und ideologisch erschreckend gefährlicher Verblendung.

Sie stehen in einer zunehmend auf den Profit als einzigem Kriterium jeglicher Entscheidung und Entwicklung ausgerichteten Welt als wenige Mächtige der Masse der Menschheit und der Umwelt gegenüber und diktieren deren Lebens- und Existenzbedingungen. Selbstherrlich und zunehmend keinerlei Gesetzen und Gerichtsbarkeit unterworfen agieren Sie in maßloser Profitgier einzig zum Vorteil der persönlichen Bereicherung. Sie treten Moral und Ethik mit Füßen und nehmen den Untergang des Planeten als „Schwarzer Planet“ in Kauf. Sie zeigen das, was gemeinhin Rücksichtslosigkeit und Egoismus genannt wird. Sie sind diejenigen, die das empfindliche Pflänzchen menschlicher Ethik mißachten und schänden.

Auch soll nicht unerwähnt bleiben, dass der „Black Planet Award 2009“ an Sie, die Verantwortlichen der FORMOSA PLASTICS GROUP, verbunden ist mit dem „Blue Planet Award 2009“ an den Träger des Alternativen Nobelpreises Uri Avnery aus Israel. Im Gegensatz zu Ihnen, die Sie unseren Blauen Planeten in verantwortungsloser Weise gefährden und ruinieren, setzt sich Herr Avnery in herausragender Weise für Erhalt und Rettung unseres Blauen Planeten ein.

Wir fordern Sie auf, nehmen Sie sich für Ihr persönliches Engagement ein Beispiel an Menschen wie Uri Avnery. Beenden Sie Krieg, Ausbeutung und Ruin von Mensch und Umwelt durch die FORMOSA PLASTICS GROUP. Stellen Sie soziale Gerechtigkeit und die Menschenrechte im Unternehmen selbst und im Umfeld sicher. Bewahren Sie die Ökologie und Frieden. Nutzen Sie Ihr Geld statt zur Profit-Jagd für ethische Investments und Solidar-Projekte, wie sie von der überwältigenden Mehrheit der Weltbevölkerung gefordert werden.

Dies ist der mit dem „Black Planet Award 2009“ verbundene Appell von „ethecon – Stiftung Ethik & Ökonomie“ an Sie, die Besitzer und verantwortlichen Manager der FORMOSA PLASTICS GROUP.

Wir grüßen

Axel Köhler-Schnura                  Elke von der Beeck
(Vorsitzender des Vorstands)     (Vorsitzende des Kuratoriums)