Franz Josef Degenhardt: „Angela Davis“

An Stelle eines Grußworts hat der Liedermacher Franz Josef Degenhardt den Text von „Angela Davis“ beigesteuert. Das Lied erschien 1972 auf dem Album „Mutter Mathilde“. Der Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Kulturmaschinen Verlags.

Dies ist die Geschichte von den Untaten der Kommunistin Angela Davis und warum sie in die Gaskammer geschickt werden soll:

Drei schwarze Brüder, die sangen, das war
anno siebzig am dreizehnten Januar
im Hof vom Gefängnis von Soledad
im kalifornischen Bundesstaat.
Das durften sie nicht, weil es war schon halb zehn,
doch sie wollten den schönen Vollmond sehn.
Auf dem Wachturm postierte der Wächter John Mills,
der Negerhasser mit der Narbe am Hals.
Und der schoß gleich ein paar Magazine leer,
und da sangen die drei schwarzen Brüder nicht mehr.
Na, sagt ihr, alles wirklich nicht schön.
Aber was hat das mit Angela Davis zu tun?
Weiterhören, sag ich, weitersehn!

Die gefangenen Männer von Soledad,
die wollten Bestrafung für diese Tat
und streikten. Da kam John Mills vor Gericht.
Doch der Richter sagte: Mills tat bloß seine Pflicht.
Na, und paar Tage später fand man John Mills
erschlagen und mit durchschnittenem Hals.
Da hat sich der Gouverneur Reagan gefreut,
weil es saßen nämlich zu dieser Zeit
drei schwarze Panther in Einzelhaft,
die hat er dann wegen Mord angeklagt.
Na, sagt ihr, alles wirklich nicht schön.
Aber was hat das mit Angela Davis zu tun?
Weiterhören, sag ich, weitersehn!

Der Richter hieß Haley und war ein Faschist,
genau, wie der Gouverneur einer ist.
Der hat zu Prozeßbeginn gleich gesagt:
Martin Luther King, den hat man zu Recht umgebracht.
Und der war natürlich ganz scharf drauf zu sehn,
wie Revolutionäre in die Gaskammer gehen.
Ein geplanter Mord, wie verhindert man den?
Also, ein Bruder von einem Angeklagten, der hieß
Jonathan Jackson, den ließen sie in den Gerichtssaal rein,
und der sollte die drei Genossen befrein.

Jackson, der springt übern Richtertisch,
drückt die Waffe dem Richter hart ins Genick.
Und Handschellen los und Schußwaffen her.
Und im Nu ist der ganze Gerichtssaal leer
Und der Richter ist noch als Geisel dabei.
Aber draußen wartet schon die Polizei.
Und kommen raus, und da knallen die Bullen schon,
und so verblutet die Befreiungsaktion.
Die Gerichtsstufen runter rollen die drei,
aber der Richter Haley ist auch mit dabei.
Na, sagt ihr, alles wirklich nicht schön.
Aber was hat das mit Angela Davis zu tun?
Weiterhören, sag ich, weitersehn!

Die an der Macht sind, die wissen Bescheid:
ihr mächtiges Ende ist nicht mehr weit,
wenn die Ohnmächtigen anfangen, sich zu befrein.
Und da fiel ihnen Angela Davis ein.
Weil die sagte schon immer, daß das so ist.
Und die sagt das nicht bloß, denn sie ist Kommunist.
Darum klagt man sie an wegen Hilfe zum Mord
an dem Richter der Panther von Soledad.
Aber was auch geschieht: Er ist längst gemacht,
der Anfang vom Ende der Mördermacht.
Und lassen sie auch alle John Mills und Leutnant Calleys frei:
Angela wird siegen und ihre Partei.