Klima retten! Kleinbauern stärken! Nahrungsmittel-Konzerne zerschlagen!

Erklärung von Vorstand und Kuratorium der Stiftung ethecon vom 14. März 2020

Das dritte Jahr in Folge nahm 2019 der Hunger global zu.(i) Die Vereinten Nationen warnten im Januar 2020 vor der größten Hungerkatastrophe aller Zeiten im südlichen Afrika.(ii) Jeder neunte Mensch auf der Erde hungert. Meist lebt er auf dem Land und im globalen Süden – also dort, wo der Großteil unserer Nahrung produziert wird. Gleichzeitig boomt die Agrarindustrie. Mit immer neuen Acker-Giften, immer kurzfristigeren Anbaumethoden, die immer mehr Böden unfruchtbar und erodiert zurücklassen(iii), werden immer größere Profite erzielt. Immer mehr tropische Wälder werden abgeholzt oder gerodet, um landwirtschaftlich ausgeplündert zu werden.(iv) Dieser Teufelskreis, der das Artensterbenv, den menschengemachten Klimawandel(vi)(vii)(viii) und den Hunger verursacht, wurzelt einzig im Profit-System.

Der Kapitalismus bietet keine Lösung!

„Wir können die Welt nicht retten, indem wir uns an die Spielregeln halten. Die Regeln müssen sich ändern, alles muss sich ändern, und zwar heute.“
– Greta Thunberg

Weltbank und Internationaler Währungsfond behaupteten den Hunger und den Klimawandel mit neoliberaler Politik bekämpfen zu können, doch der Hunger wächst und alle UN-Ziele wurden verfehlt. Sie behaupteten mit dem Emissionshandel die Kosten von Umweltzerstörungen beziffern zu können, doch sie schufen nur einen Ablasshandel, mit dem sich Konzerne einen grünen Anstrich geben. Sie behaupteten die Öffnung der Nahrungsmittel-Märkte könne „Ernährungssicherheit“ bieten, doch sie leistet dem Landraub, der Export-Produktion und den globalen Lieferketten Vorschub. Kleinbauern werden verdrängt, Monopole entreißen den Ländern des Südens die Kontrolle über ihre Produkte und die globalen Transportwege heizen den Klima-Wandel an.
Seit 1996 fordern deshalb Organisationen von Kleinbäuer*innen und Landarbeiter*innen „Ernährungssouveränität“. Das bedeutet Landreform, kleinbäuerliche Anbauweise und lokale Versorgung, den Schutz der Rechte der Bäuer*innen und der genetischen Unversehrtheit ihrer Saat. Die Forderung nach Ernährungssouveränität(ix) ist eine Absage an den Freihandel, die Politik der Weltbank und das Treiben der Konzerne.(x) Denn unser Energieverbrauch muss global sinken, Transportwege müssen kürzer werden und Millionen landloser Menschen brauchen eine

Perspektive. Die Lösung ist die kleinbäuerliche Produktion, die zwar arbeitsintensiver, aber nachhaltiger, gesünder und resistenter gegenüber Klima-Schwankungen ist. Ernährungssouveränität der Völker des Südens bedeutet ein Ende für den Hunger und eine effektive Bremse für den menschengemachten Klima-Wandel. Einzig die Profit-Interessen einer kleinen „Elite“ von Konzern-Besitzer*innen stehen dieser Lösung im Weg.

Konzern-Land in Bauern-Hand!
„Wir müssen die Konzern-Besitzer persönlich angehen, wie auch sie es für die Opfer ihrer Verbrechen persönlich gemacht haben.“
– Blue Planet Preisträgerin Rachna Dhingra

Die Profite der Nahrungsmittel-Konzerne müssen vergesellschaftet, ihr Landbesitz muss neu verteilt werden. Schädliche, kurzfristig angelegte Anbau-Methoden und Saatgut-Patente gehören auf den Müllhaufen der Geschichte. Und nicht zuletzt: Die Eigentümer*innen der Nahrungsmittel-Konzerne müssen mit ihrem Privatvermögen haften und zur Rechenschaft gezogen werden. Der Umbau von einer am Profit orientierten zu einer solidarischen Gesellschaft wird teuer. Zum Glück genügt das Vermögen von einigen hundert Milliardär*innen allemal.
Die Besitzer*innen der größten Konzerne haben so lange am Elend der Mehrheit der Menschheit verdient, dass der Planet heute am Rande von Weltkrieg, ökologischer und sozialer Katastrophe steht und seine Unbewohnbarkeit droht. Beginnend bei den verbrecherischen Herren der Rohstoff- und Nahrungsmittel-Konzerne, die den Ärmsten die Grundlagen des Lebens rauben, muss diese rücksichtslose „Elite“ entmachtet und enteignet werden. Dazu zählen die von ethecon mit dem Dead Planet Award geschmähten Großaktionär*innen und Manager*innen von GLENCORE, COCA COLA, NESTLÉ, DOW DUPONT und MONSANTO/BAYER, aber auch die Investoren von DEUTSCHE BANK, BLACKROCK usw. Ihr Besitz soll die Grundlage einer solidarischen Produktionsweise bilden.
Aus den 2019 zunehmenden Streiks, dem Aufwind der Gewerkschaften, der Kämpfe von Landlosen und Indigenen, dem Aufbruch der Jugend in der Klimabewegung und der wachsenden solidarischen Bezugnahme dieser Kämpfe zueinander schöpfen Kuratorium und Vorstand von ethecon Hoffnung und erklären voller Zuversicht: Die Welt der kriminellen Konzerne ist am Ende!

ethecon – Stiftung Ethik & Ökonomie“ hält die „Beachtung ethischer, ökologischer, sozialer und menschenrechtlicher Prinzipien bei Organisation und Durchführung ökonomischer Vorhaben sowie die Stärkung demokratischer und selbstbestimmter Strukturen im Wirtschaftsprozess“ für zwingend erforderlich. Statt der profitorientierten Wirtschaft Billionen zur Verfügung zu stellen, muss das System gewandelt werden. Weg vom Primat des Profits hin zum Primat der Solidarität!

Berlin, den 14. März 2020

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ethecon Stiftung Ethik & Ökonomie
Anschrift von Kuratorium und Vorstand:
Schweidnitzer Str. 41 40231 Düsseldorf
info@ethecon.org Fon 0211 – 26 11 210 (Vorstand Axel Köhler-Schnura)

www.ethecon.org

 

Quellen:

i UN-Report zur Wirtschaftsentwicklung 2019: https://news.un.org/en/story/2019/07/1042411

ii 45 Millionen Menschen im südlichen Afrika sind von einer unsicheren Ernährungslage bedroht. Das seien so viele wie nie zuvor, teilte das Welternährungsprogramm WFP in Rom mit. Betroffen sind demnach vor allem Frauen und Kinder in der 16 Staaten umfassenden Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrikas. Als Ursachen nannte die UN-Agentur wiederholte Dürren, Überschwemmungen und wirtschaftliche Missstände. Vgl.: Tagesschau Newsletter vom 16.01.2020.

iii 23% der Landfläche des Planeten gelten als ökologisch heruntergewirtschaftet und können nicht mehr genutzt werden. Vgl.: Schwägerl, Christian in: Spiegel Wissenschaft. 06.05.2019.

iv Zwischen 1980 und dem Jahr 2000 wurden 100 Millionen Hektar tropischer Regenwald abgeholzt – weitere 32 Millionen Hektar allein zwischen 2010 und 2015. Vgl.: Schwägerl, Christian in: Spiegel Wissenschaft. 06.05.2019.

v Allein die vom Menschen verursachte Erderhitzung könnte rund fünf Prozent der Arten auslöschen, wenn der Schwellenwert von zwei Grad Celsius globaler Temperaturerhöhung überschritten werde. 99 Prozent der Korallenriffe würden bei einer solchen Entwicklung mit großer Wahrscheinlichkeit absterben. Als wichtigsten Faktor des Artensterbens benennt der Bericht die Auswirkungen durch die Landwirtschaft. Der Verlust von Bestäuberinsekten bedroht wiederum Nahrungsmittelproduktion im Wert von 235 bis 577 Milliarden Dollar pro Jahr. Vgl.: Bericht des Weltbiodiversitätsrats (IPBES) vom Mai 2019.

vi In den letzten Jahrzehnten sind die Kohlendioxidkonzentrationen in der Atmosphäre von rund 280 ppm auf über 400 ppm und die globale Durchschnittstemperatur um mehr als 1Grad gestiegen. Ein weiterer Anstieg der Erwärmung unseres Planeten um beispielsweise 1,5 Grad, könnte das grönländische Eisschild zum schmelzen bringen und nach Aussagen von Klimawissenschaftlern, den Meeresspiegel um 7 Metern ansteigen lassen.

vii Seit 1970 sind mindestens 17 Prozent des Amazonas-Regenwaldes von Holz- Agrarkonzernen zerstört worden. Ein Verlust zwischen 20 Prozent und 40 Prozent könnte den gesamten Regenwald in einen instabilen Zustand versetzen, sodass er zunehmend durch Dürre und Feuer bedroht ist, mit dramatischen Auswirkungen auf das gesamte Weltklima. Vgl.: https://climatenewsnetwork.net/amazon-rainforest-doublejeopardy/

viii Das Auftauen des Permafrostbodens könnte immer größere Mengen an gespeicherten Methan freisetzen, einem Treibhausgas, das über Jahrhundert hinweg 30 Mal stärker wirkt, als Kohlendioxid. Vgl.: Pohlmann, Dirk / Wernicke, Jens (Hrsg.): Die Ökokatastrophe.

ix Via Campesina, die brasilianische Landlosenbewegung MST, die MIJARC (Internationale Katholische Land- und Bauernjugendbewegung) und diverse Menschenrechtsorganisation fordern Ernährungssouveränität. Eine prominente Unterstützerin dieser Forderung ist die indische Aktivistin und ethecon Blue Planet Preisträgerin Vandana Shiva. Venezuela, Nepal und Senegal haben das Konzept der Ernährungssouveränität in ihren Verfassungen verankert.

x Schon 2009 schloss sich ethecon den Forderungen der Kleinbauern nach Ernährungssouveränität an und verurteilte den mörderischen Neo-Kolonialismus, der als „Freihandel“ verharmlost wird. Heute sind allerorts Bezüge der Gewerkschafts- und Klima-Proteste auf die Kämpfe der Landlosen und Kleinbauern im globalen Süden zu entdecken