ethecon startet neue Kampagne:
Ausbeutung Strafgefangener stoppen!
Inspiriert durch die Arbeit der International ethecon Blue Planet Award Preisträgerin des Jahres 2011, die US-amerikanische Bürger- und Menschenrechtsaktivistin Angela Davis, wendet sich ethecon – Stiftung Ethik & Ökonomie gegen die voranschreitende Ausbeutung von Gefängnisinsassen. Vor allem Großkonzerne profitieren sowohl durch die Arbeit von Strafgefangenen als auch durch die Privatisierung von Gefängnissen. Noch ist das in erster Linie ein US-amerikanisches Phänomen. Doch diese Unterwerfung der Gefängnisse unter Ausbeutung und Profit findet zunehmend weltweite Nachahmung. Auch in Deutschland wird bereits darüber debattiert, das Gefängniswesen in dieser Weise zu „reformieren“.
In den USA haben Großkonzerne wie Microsoft, IBM und Boeing schon vor langer Zeit eine ganz spezielle Möglichkeit entdeckt, ihre Profite zu maximieren. Sie lassen zu Minimalkosten in Haftanstalten produzieren. Die Häftlinge erhalten in der Regel nur einen geringen, manchmal gar keinen Lohn. Nebenkosten wie die Gesundheitsvorsorge oder besondere Sicherungen des Arbeitsplatzes entfallen. Stattdessen genießen diese Konzerne zusätzliche Steuervorteile für die Beschäftigung von Gefängnisinsassen. Mit einer sinnvollen Integration in den Arbeitsmarkt nach der Haftentlassung haben solche Tätigkeiten in der Regel nichts zu tun. Vielmehr drückt diese Ausbeutung hinter Gefängnismauern die Löhne der gesamten Arbeitnehmerschaft nach unten und vernichtet massenhaft normale Arbeitsplätze.
„Diese skrupellose Ausbeutung von Häftlingen ist nichts anderes als eine moderne Form der Sklaverei“, erklärt ethecon-Vorstand Axel Köhler-Schnura. „Die Strafgefangenen werden grundlegender Rechte und ihrer Würde beraubt. Kontrolle und Repression sind im Gefängnis total.“ So haben die Insassen beispielsweise kein Recht auf gewerkschaftliche Organisation, um eine angemessene Entlohnung oder bessere Arbeitsbedingungen zu erreichen. Ebensowenig gibt es ein Streikrecht. Wenn sie die Arbeit verweigern, greifen die Sanktionsmaßnahmen der jeweiligen Strafanstalt.
Gleichzeitig werden die Gefängnisse und die Insassen durch die Privatisierung der Haftanstalten selbst zur Quelle von Gewinnen und Profiten. Gefängniskonzerne wie die Corrections Corporation of America (CCA) in den USA erhalten staatliches Geld für jeden einzelnen Gefangenen. CCA maximiert seine Profite nicht nur durch massive Überbelegung, sondern u.a. auch durch schlechte Gesundheitsvorsorge für die Häftlinge, was bereits zu Todesfällen führte. Zu weiteren Skandalen kam es durch dokumentierte Fälle von vernachlässigter Aufsichtspflicht der Wärter, die bei gewalttätigen Auseinandersetzungen unter Gefängnisinsassen nicht eingriffen. Das sind deutliche Zeichen dafür, dass die öffentliche Kontrolle durch die Privatisierung erodiert ist.
Bei Gefängnisinsassen handelt es sich um die am meisten marginalisierte Gruppe der Bevölkerung. Weitab von den Augen der Öffentlichkeit bleiben ihre Lebens- und Arbeitsumstände meist im Verborgenen – wenn nicht ein Skandal so groß ist, dass er sich nicht länger geheim halten lässt. Eine Gesellschaft muss sich daran messen lassen, ob und wie sie auch ihren Randgruppen die Menschenrechte garantiert.
„Besonders skandalös ist die Lobbyarbeit der CCA“, so Bettina Schneider, Geschäftsführerin bei ethecon. Um härtere Gesetze und ein höheres Strafmaß bei Verurteilungen zu erreichen hat der Konzern allein von 2006 bis 2008 mehr als 2,7 Millionen US-Dollar ausgegeben. Dabei geht es weder um die Rehabilitation der Verurteilten noch um den Schutz der Gesellschaft, sondern ausschließlich um die Sicherung und Steigerung der eigenen Profite. CCA machte im vergangenen Jahr einen Umsatz in Höhe von 1,7 Milliarden US-Dollar. Tendenz steigend. Gleichzeitig liegen die USA mit Abstand auf Platz 1 der Quote von Strafgefangenen gemessen an der Einwohnerzahl.
ethecon informiert über diese Kampagne mit einem Flugblatt und sammelt Unterschriften bzw. protestiert online. Die Protestmöglichkeiten sind im Download- bzw. im Aktionsbereich auf der Homepage www.ethecon.org zu finden.
Die Stiftung ethecon ist vor allem durch die jährliche Vergabe ihrer Internationalen ethecon Blue bzw. Black Planet Awards in Berlin bekannt. Die ethecon Positiv-Preise ehrten in den vergangenen Jahren Diane Wilson/USA (2006), Vandana Shiva/Indien (2007), José Abreu und Hugo Chávez/Venezuela (2008), Uri Avnery/Israel (2009), Elias Bierdel/Österreich (2010) sowie Angela Davis/USA (2011). Die ethecon Negativ-Preise hingegen schmähten Manager und AktionärInnen der Konzerne MONSANTO/USA (2006), NESTLÉ/Schweiz (2007), Blackwater (Xe)/USA (2008), Formosa Plastics Group/Taiwan (2009), BP/Großbritannien (2010) und Tepco/Japan (2011).
In diesem Jahr geht der Positivpreis an den Schweizer Globalisierungskritiker und Buchautor Jean Ziegler. Der Negativpreis geht an den Geschäftsführer Ivan Glasenberg und weitere Verantwortliche des Rohstoffkonzerns GLENCORE. Die Verleihung der beiden Internationalen ethecon Preise findet bei einem öffentlichen Festakt im Rahmen der jährlichen ethecon Tagung am Samstag, 17. November, auf dem Pfefferberg in Berlin statt. Die Veranstaltung beginnt um 14.00 Uhr im Großen Saal („blue room“) in der Schönhauser Allee 176 und ist kostenlos, aber wegen des großen Interesses anmeldepflichtig.
Prof. Ziegler wird dem Festakt beiwohnen und den Preis persönlich entgegen nehmen. Die geschmähten GLENCORE-Manager und -GroßaktionärInnen werden den Preis im Rahmen öffentlicher Aktionen in Zusammenarbeit mit internationalen sozialen Bewegungen zu einem späteren Zeitpunkt ausgehändigt bekommen.
ethecon ist im Gegensatz zu den vielen Konzern-, Familien-, Kirchen-, Partei- und Staatsstiftungen eine der wenigen Stiftungen „von unten“, die sich mit ihren derzeit 31 ZustifterInnen und dem Leitmotiv „Für eine Welt ohne Ausbeutung und Unterdrückung!“ in der Verantwortung gegenüber den kommenden Generationen sieht. Die noch junge Stiftung finanziert sich über Zustiftungen, Spenden und Fördermitgliedschaften.